"Die Kunst zu leben, kann jeder lernen"
Europas bekanntester Motivationstrainer Jürgen Höller hat mit seinem "Powerday"
am 18. Februar 2006 vor über 150 Zuhörern in Basel gastiert / Dr. Ralf Andreas
Thoma vom Veranstalter Betriebswirtschaftliches Institut & Seminar Basel AG
sprach mit Höller nach seinem erfolgreichen Vortrag im UBS-Ausbildungszentrum.
Dr. Ralf Andreas Thoma: Nach Ihrer Lebenskrise haben Sie wieder auf die Bühne
zurückgefunden. Gibt es ein Patentrezept für ein erfolgreiches Comeback?
Jürgen Höller: Wer hinfällt, hat zwei Möglichkeiten. Er bleibt liegen oder er
steht wieder auf. Hinfallen ist keine Schande, liegen bleiben schon. Ich bin wieder auf
die Bühne zurückgekehrt. Ich habe gelernt und werde das Rad nicht mehr so groß drehen.
In meinen Hochzeiten hatte ich 140 Mitarbeiter, die ernährt werden mussten. Ich kehre
zurück zu den Anfängen. Ich mache - wie man hier in Basel gesehen hat - erfolgreich
weiter. "Nie aufgeben" ist meine Botschaft. Ich glaube sogar, dass ich durch die
Erfahrungen gereifter bin als früher.
Wie kam der tiefe Fall von Europas Motivationsguru, dessen Unternehmen einen geschätzten
Börsenwert von rund 550 Mio. DM (ca. 280 Mio. Euro) hatte?
Nach der Insolvenzanmeldung der Inline AG 2001 habe ich Panik bekommen. Ich habe
für 7 Mio. DM Anlegergelder die Haftung übernommen, falls der geplante Börsengang
ausfallen sollte. Ich habe private Gelder vor der Insolvenz zu retten versucht.
Hinzu kam, dass ich ein Darlehen aus einer anderen Firma entnahm, die zu 94% mir
und zu 6 % einem meiner Söhne gehörte, ohne das Vormundschaftsgericht einzuschalten.
Da dieses Unternehmen eine GmbH war entsprach diese Vorgehensweise einer Untreue -
obwohl ich nicht einmal wusste, etwas falsch gemacht zu haben ... Wegen Untreue,
Bankrotts, einer Steuerhinterziehung über 20.000 € und falscher eidesstattlicher
Versicherung saß ich dann schließlich 18 Monate bis April 2004 in Haft. Ich habe
Fehler gemacht und die Verantwortung übernommen. Andererseits kann vielleicht
jeder nachvollziehen, in welcher Paniksituation man sich befindet, wenn einem
bewusst wird, dass sogar die private Altervorsorge eingezogen wird.
Wie haben Sie selbst die Lebenskrise psychologisch verarbeitet?
Ich hatte das Gefühl mit Tempo 300 ohne Sicherheitsgurt gegen eine Betonmauer zu fahren.
Die erste Zeit in einer 9 qm großen Zelle war unglaublich hart. Zunächst war ich wie
gelähmt und habe die ersten Wochen wie in Trance gelebt. Doch dann erwachte tief in
mir mein unerschütterlicher Optimismus, breitete sich meine innere Kraft immer
stärker aus. Ich habe natürlich meine Methode angewandt, die mich so erfolgreich
gemacht und so vielen tausend Menschen geholfen hatte. Ich setzte mir schon am
zweiten Tag Ziele, die darin bestanden, dass ich mir schwor, egal, wann ich wieder
aus der Haft herauskommen sollte, körperlich topfit zu sein. Ich schrieb mir
positive Suggestionen an den Spiegel meiner Zelle, vor allem sagte ich mir immer
und immer wieder: Ich schaffe es, ich schaffe es. Ich habe es geschafft, wieder
auf der Bühne zu stehen und zwar überaus erfolgreich. So erfolgreich, dass ich
heute sicherlich wieder zu den drei oder vier erfolgreichsten Trainer Europas zähle.
Der "Powerday" in Basel lag einem ganz neuen Konzept zugrunde. Ist "Lifing -
die Kunst zu leben" das Ergebnis des Höller´schen Nachdenk-Prozesses ?
Natürlich (oder besser ausgedrückt: Hoffentlich…) habe ich mich weiterentwickelt
und verändert. Zu 80 % war das früher von mir vorgetragene Wissen richtig
und ist auch heute noch Bestandteil meiner Seminare. Aber die restlichen 20%
entsprechen meiner Reifung. Und so gesehen war die ganze Krise ja auch sinnvoll.
Meine auf den Power-Day folgenden 3-Tages-Seminare (der Power-Day kann ja nur
zum Kennenlernen und ´Schnuppern` dienen), heißen ja auch:
L i f i ng = die Kunst zu leben
Das heißt: Beruf und finanzieller Erfolg spielen eine wichtige Rolle. Es gibt aber
mehr: Es reicht nicht, mit 60 auf einer Finca in Spanien zu leben, wenn die Gesundheit
ruiniert ist und die Ehe kaputt ist. Mein Ansatz ist deshalb ganzheitlich.
In den Lifing-Seminaren, die im kleineren Rahmen stattfinden,
erläutere ich den Teilnehmern die grundlegenden Lebensgesetze, nach denen unser
Leben funktioniert. Unser Leben funktioniert immer - die Frage ist nur, ob die Resultate
uns zufrieden stellen und falls nicht, wie wir die Lebensgesetze
besser integrieren können, um neue, bessere Ergebnisse zu erzielen (der nächste
Lifing-Termin in der Schweiz ist übrigens vom 4. - 6.5. in Interlaken).
Erfolgreich zu sein ist der große Wunsch vieler Menschen. Bekommen die Menschen
mit dem Besuch eines "Powerdays" so viel Kraft für den Erfolg?
Ich kann nicht allen Menschen, die heute beim "Powerday" in Basel waren, versprechen,
dass sie erfolgreich werden. Jeder Mensch kann nur durch sein eigenes Handeln
erfolgreich werden. Mein ganzheitlicher Ansatz sieht vor, dass jeder angehalten
ist, neue Inhalte im Vergleich zu seinem bisherigen beruflichen oder privaten
Leben zu setzen. Daraus ziehen sie Erkenntnisse und entwerfen einen konkreten
Handlungsplan. Ohne Handeln gibt es keine Veränderungen.
Viele Menschen haben das Gefühl, keine echte Erfüllung im Leben zu finden. Wie
bekommt ein Mensch wieder seine Vitalität und Unbekümmertheit von früher zurück?
Zunächst gibt es keine Wirkung, also kein Resultat, ohne dass es, bewusst oder
unbewusst, verursacht worden ist. Nur wenn Sie selber wissen, was Sie in ihrem
Leben antreibt und wie Sie diese gewaltigen Kräfte nutzen können, können Sie mit
Ihren Aufgaben stimmig leben. Dann werden Sie das Glück finden, nach dem Sie und
andere Menschen letztendlich suchen.
Mit der Autosuggestion "Ich bin der Beste" haben Sie früher motiviert.
Warum heute nicht mehr?
Ich habe mich auch in diesem Punkt geändert: "Ich gebe mein Bestes", heißt
heute meine Devise. Das hat eine komplett andere Auswirkung als "Ich bin
der Beste." Das würde ich heute nicht mehr so sagen. Wenn ich sage "Ich bin
der Beste" gibt es erstens einen Verlierer und zweitens habe ich versagt,
wenn ich nur Zweitbester bin. Da bleibt nur Frust. Wenn ich aber mein Bestes
gebe, und werde dann Vierter, weil es einfach drei Bessere gegeben hat, fühle
ich mich trotzdem als Gewinner, weil ich immerhin Vierter geworden bin.
Welche Ziele haben Sie persönlich in nächster Zeit?
Ich habe fast eine Million Menschen in Seminaren trainiert, viele bekannte Politiker
und Künstler, viele Spitzensportler persönlich gecoacht. Meine Bücher sind in
einer Gesamtauflage von mehr als einer Million Exemplare erschienen. Meine
Vision ist eine eigene Fernseh-Sendung, in der ein großes Publikum von Menschen
die Lifing-Methode lernen kann. Jeder kann die Lebensgrundsätze für ein
erfolgreiches und glückliches Leben lernen.
Vielen Dank für das Gespräch!
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